Sieben lange Jahre dauerte die Beratung der GLP-Initiative «Ehe für alle» in den nationalen Räten. 2021 wird vielleicht das Jahr, in dem die Schweiz die Ehe für alle einführt, 20 Jahre nach den Niederlanden. Trotz vieler Fortschritte im Kampf für die Rechte von LGBTQIA-Menschen bleibt ein langer Weg zu gehen, bis tatsächlich Gleichstellung erreicht ist. Für St.Galler*innen mit einer von der Heteronormativität abweichenden sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität – also lesbische, schwule, bisexuelle, trans, queere, intersexuelle oder asexuelle Personen – ist Diskriminierung leider immer noch Alltag. «Besonders erschreckend ist, wie häufig es zu psychischer, verbaler, körperlicher oder sexueller Gewalt kommt», sagt GLP-Kantonsrat Andreas Bisig.
Der Hass der Täter*innen richtet sich gegen das Anderssein. Der Angriff soll eine geglaubte soziale Hierarchie aufrechterhalten, es soll ein Exempel statuiert werden. «Unsere Gesellschaft darf solche Angriffe gegen die Freiheit und Würde von Minderheiten jedoch nicht akzeptieren», sagt Bisig und fordert einen Aktionsplan, um LGBTQIA-Feindlichkeit im Kanton St.Gallen zu bekämpfen. Dazu hat er mit seinen GLP-Kolleg*innen eine Motion eingereicht. Die Grünliberalen wollen, dass der Kanton St.Gallen erstens Hate Crimes statistisch erfasst, zweitens Angehörige der Strafverfolgungsbehörden schult und sensibilisiert und drittens entsprechende Aufklärung und Prävention unterstützt.
Statistische Erfassung
Trotz zahlreicher internationaler, von der Schweiz unterzeichneter Abkommen, erfassen die Polizeibehörden den homo-, bi-, inter- und trans-feindlichen Charakter physischer und verbaler Gewalttaten nicht. Der Europarat riet deshalb in seinem fünften Bericht zur Schweiz 2014 den Behörden „statistische Daten über rassistische, homophobe oder transphobe Motive von Straftaten“ zu erfassen. In der Antwort auf die Interpellation «Systematische Erfassung homophober Gewalt» der GLP-BDP-Fraktion aus dem Jahr 2014 bestätigt die St.Galler Regierung, dass «die systematische Erfassung angezeigter homophober Gewalttaten durch die Polizei aus technischer und administrativer Sicht grundsätzlich möglich wäre.» Die erfassten Statistiken werden ein klares Bild der Sicherheitslage im Kanton St.Gallen liefern. Es ist unerlässlich, dass der Staat den Umfang dieser Aggressionen kennt, um effizient gegen die LGBTQIA-Feindlichkeit vorgehen zu können.
Schulung und Sensibilisierung der Strafverfolgungsbehörden
Die wenigsten Hate Crimes werden zur Anzeige gebracht. Es wird geschätzt, dass bloss 10 bis20% der LGBTQIA-feindlichen Gewaltvorfälle angezeigt werden. Grund dafür sind die Angst vor den Folgen, mangelnde Erfolgschancen, Beweisprobleme, der grosse Aufwand und Scham. Um zumindest einige dieser Gründe zu eliminieren, sollen Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte sowie weitere juristische Fachpersonen entsprechend weitergebildet und sensibilisiert werden. Nur so können Hasstaten zur Anzeige gebracht und die Opfer angemessen geschützt werden.
Aufklärung und Prävention
LGBTQIA-Feindlichkeit betrifft die ganze Gesellschaft. Zivilcourage und Engagement verschiedener Akteur*innen sind für die Prävention zentral. Um eine nachhaltige Veränderung der Gesellschaft zu ermöglichen und somit die Akzeptanz von LGBTQIA-Personen zu erhöhen, muss bei den Schulen angesetzt werden. Trotz Lehrplan 21 ist es noch immer von der Lehrperson abhängig, ob das Thema LGBTQIA überhaupt umfassend behandelt wird und die Schüler*innen entsprechend sensibilisiert werden. Um diesen Missstand zu beheben, braucht es eine Förderung entsprechender Aufklärungsprogramme in der Volksschule und den weiterführenden Schulen.