Bericht über die Tätigkeit des Parlamentes 2018 bis 2022: Das Ratspräsidium hat seine Arbeit nicht gemacht
Der Kanton St.Gallen verliert immer mehr den Anschluss. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Arbeitsweise seines Parlaments. Während andere Kantonsparlamente einen viel kürzeren Sitzungs-Rhythmus pflegen – auch um dem Anspruch der Aktualität gerecht zu werden - tagt der St. Galler Kantonsrat nur viermal pro Jahr, während jeweils zweieinhalb Tagen. Von einer zeitnahen Behandlung der Vorstösse ist man weit entfernt, die Vorlagen stauen sich mehr und mehr.
Die personelle Zusammensetzung der Kommissionen bildet nicht die Kräfteverhältnisse im Parlament ab. Das Thema «Reduktion der Fraktionsmindestgrösse» bleibt weiterhin ausgeklammert. Kleinere Parteien werden benachteiligt.
Offensichtlich fehlt der politische Wille, die Probleme zu lösen und zwingend notwendige Reformen anzustossen. So beantragt das Ratspräsidium nur kosmetische Änderungen am Geschäftsreglement. Aus Sicht der Grünliberalen eine verpasste Chance. Die GLP wird Rückweisung verbunden mit konkreten Aufträgen beantragen.
Das neue Universitätsgesetz – zum richtigen Zeitpunkt
Die Universität St. Gallen ist ein Leuchtturm in der schweizerischen Bildungslandschaft. Umso mehr sind die Vorkommnisse der letzten Monate rund um die Universität ein grosses Ärgernis. Das Universitätsgesetz, welches die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen klarer regeln soll, kommt deshalb zum richtigen Zeitpunkt aufs Tapet. Die nun vorliegende Fassung der vorberatenden Kommission geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Der Universitätsrat soll entpolitisiert werden. Die Grünliberalen unterstützen die Idee, den Universitätsrat neu aus Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu bilden und vom Regierungs- statt Kantonsrat wählen zu lassen. Bei der Zusammensetzung des Senats und des Senatsausschusses werden sich die Grünliberalen für eine Stärkung des «Mittelbaus» aus Forschenden und Lehrenden einsetzen.
Die Verantwortung über die Institute soll beim Rektorat angesiedelt werden. Diese Klärung ist angesichts der Fehlleistungen beim Institut für Supply Chain Management von grosser Wichtigkeit. Unklar ist, warum der Grundsatz, dass sich die Uni für Chancengerechtigkeit und die Beseitigung von Diskriminierung einsetzt, aus dem Gesetz gekippt werden soll. Auch wenn dieser Grundsatz auf Bundesebene und im Statut ebenfalls vermerkt ist, sendet die Streichung ein falsches Signal.
Keine ideologische Debatte um Tempo 30
Mit der Motion «Kein Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen» verlangen SVP, FDP und Die Mitte, dass Kantons- und Gemeindestrassen erster Klasse zwingend als «verkehrsorientierte Strassen» zu definieren sind. Eine Tempo-30-Regelung soll dabei grundsätzlich verunmöglicht werden.
Eine solche Änderung des Strassengesetzes würde gegen übergeordnetes Bundesrecht verstossen. Das Umweltschutzgesetz des Bundes verlangt, dass Lärm primär an der Quelle zu bekämpfen ist.
Abweichungen von den bundesrechtlich vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten sind bereits heute nur in Ausnahmefällen und gestützt auf ein Gutachten möglich. Das Instrument der streckenbezogenen Temporeduktion muss auch zukünftig erhalten bleiben, um an neuralgischen Strassenabschnitten die Bevölkerung vor übermassigem Strassenlärm zu schützen oder um die Unfallgefahr zu verringern. Die Grünliberalen lehnen die Motion deshalb klar ab.